Verschwundene und verschwindende Orte
Am 1. Dezember 2023 luden das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig und die Bundeszentrale für politische Bildung zur öffentlichen Tagung „Verschwundene und verschwindende Orte – Folgen der Braunkohlenförderung in Ostdeutschland“. Die abwechslungsreiche Veranstaltung vereinte wissenschaftliche Impulsvorträge mit Podiumsdiskussionen, Workshops und einem Besuch der Dauerausstellung des Forums zur Geschichte der DDR. In dem ersten inhaltlichen Panel, das sich der Erinnerung an und Vergangenheit vom Tagebau widmete, diskutierten Vertreter:innen aus Planung, Geschichtswissenschaft, Zivilgesellschaft und Kultur unter der Leitung von Dr. Jenny Hagemann. Die Thematik knüpft an bereits bestehende Beiträge des Instituts zur Beforschung der Folgen des Tagebaus für die sorbische Kultur an, welche teilweise bereits durch dessen Vorgänger, dem Institut für sorbische Volksforschung, geleistet wurden. Gleichzeitig ist das Thema aktueller denn je – nicht nur mit Blick auf den nahenden Kohleausstieg, sondern auch mit Blick auf die aktuelle Welterbeinitiative für die Lausitzer Tagebaufolgelandschaft. Entsprechend rege war die Diskussion, denn schnell war klar: Wer sich mit der Vergangenheit des Tagebaus beschäftigt, stellt sich immer auch der Frage danach, wie diese Geschichte in der Gegenwart erinnert werden kann und sollte, um die Zukunft nach der Kohle gestalten zu können. Insofern befassten sich die Diskutierenden weniger mit historischen Aspekten dieser so überaus prägenden Industrie, sondern appellierten vielmehr für eine gesamtdeutsche Erinnerungskultur, welche die verschiedenen Schicksale im Tagebau – vom Kumpel bis zur Umsiedlerin, ob sorbisch, deutsch oder anderweitig geprägt – thematisiert und einen Austausch auf Augenhöhe ermöglicht.
Über die Begleitung der Welterbeinitiative hinaus bildet die systematische Erforschung der Tagebaufolgen für die sorbische Kultur – ein sogenanntes Cultural Impact Assessment (Kulturverträglichkeitsanalyse) einen von mehreren Forschungsschwerpunkten der Abteilung für Regionalentwicklung und Minderheitenschutz. Der Austausch mit Planern, Kulturschaffenden und Akteuren der Zivilgesellschaft, welche unter anderem auch im Mitteldeutschen Revier oder Ruhrgebiet tätig sind, weitete den Blick über den Lausitzer Tagebaurand hinaus für die gesamtdeutschen Auswirkungen des Tagebaus, ohne dabei die Spezifik des Sorbischen in der Lausitz dabei aus dem Blick zu verlieren.
Bericht von Jenny Hagemann.