Über den Gebrauch von Minderheitensprachen im Gesundheits- und Pflegebereich ging es beim diesjährigen NPLD-Coppieters Campus in Helsinki
Über den Gebrauch von Minderheitensprachen im Gesundheits- und Pflegebereich tauschten sich beim vierten NPLD-Coppieters Campus am 28./29. September in Helsinki Mitglieder der Coppieters-Stiftung und des Netzwerks zur Förderung der Sprachenvielfalt (NPLD) aus. Gemeinsam mit der Schwedischen Versammlung Finnlands (Folktinget) hat das NPLD zur Konferenz eingeladen. Seit 2022 ist das Sorbische Institut Mitglied des Netzwerks und war in Finnland durch den Politologen Jean-Rémi Carbonneau PhD (Abteilung Regionalentwicklung und Minderheitenschutz) vertreten.
In einer Reihe von Panels und Präsentationen wurden die wichtigsten Herausforderungen beim Gebrauch von Minderheitensprachen im Gesundheitswesen erörtert. In ihrem Grußwort betonte Anna Jungner-Nordgren, stellvertretende NPLD-Vorsitzende und Folktinget-Mitglied, dass es „von entscheidender Bedeutung“ sei, dass sich die Patienten (und ihre Familien) mit den Gesundheitsexperten gut verständigen können, um genaue Diagnosen und eine angemessene Behandlung zu erhalten. Gleichzeitig stellte sie fest, dass es Patienten immer noch zu oft vermeiden, ihre Mutter- bzw. Minderheitensprache zu verwenden, weil sie befürchten, sozial stigmatisiert zu werden und ihnen der Zugang zu medizinischen Verfahren erschwert wird.
Um die Vielfalt von Politik und praktischer Umsetzung beim Gebrauch von Minderheitensprachen im Gesundheits- und Sozialwesen zu veranschaulichen, wurden auf der Konferenz vier Fallstudien besprochen, in denen die Minderheitensprachen neben der vorherrschenden Sprache auch den Status einer Amtssprache haben: Schwedisch in Finnland, Friesisch in der Provinz Friesland (Niederlande), Baskisch in der Autonomen Gemeinschaft Baskenland (Spanien) und Französisch in der Provinz Neubraunschweig (Kanada). Auch wenn es viele Ähnlichkeiten zwischen den Fällen gibt, sticht Neubraunschweig aufgrund seiner Politik des „aktiven Angebots“ von Dienstleistungen in französischer Sprache hervor (beispielhaft nachzulesen bei Martin Normand im Lětopis). „Sie [die Patienten] sollen nicht nach einer Dienstleistung in ihrer Sprache fragen, sondern sie soll ihnen an jedem Punkt ihrer Reise im System angeboten werden“, so Gilles Vienneau, Präsident der Société Santé et Mieux-être en français (Gesellschaft Gesundheit und Wohlbefinden auf Französisch).
Besonders hervorzuheben sei auch die Keynote von Awen Ioweth, Professorin für orthopädische Chirurgie an der Universität Cardiff. Sie berichtete über die schrittweise Einführung von Unterricht in walisischer Sprache an der medizinischen Fakultät. In einer Podiumsdiskussion beantworteten Awen Ioweth, Josune Retegi Ormazabal (Baskische Regierung), Christina Gestrin (Folktinget) und Mirjam Vellinga (Verein Afûk in Westfriesland) Fragen aus dem Publikum.
Eine Exkursion zur Arcada-Hochschule für angewandte Wissenschaft und zum HUS-Kinderkrankenhaus in Helsinski bot Einblicke, wie in Finnland Medizin auf Schwedisch gelehrt und praktiziert wird.
Die NPLD-Mitgliedsorganisationen (regionale Regierungen, Forschungsinstitutionen und Verbände) treffen sich einmal im Jahr zur Generalversammlung, um über die Grundzüge des Netzwerks zu entscheiden und sich über die jeweiligen Erfahrungen im Bereich der Förderung von Minderheitensprachen auszutauschen. Zusätzlich trifft sich seit 2018 das NPLD alle zwei Jahre im Herbst mit der Coppieters Foundation, um die neuesten Entwicklungen in der Sprachenpolitik vorzustellen und die verschiedenen Praktiken in diesem Bereich in Europa und darüber hinaus zu vergleichen. Die nächste Generalversammlung des NPLD findet im April 2024 in Galizien statt.