Tagung „Die Transformation der Lausitz ̍nach der Kohle ̍ und die Sorben/Wenden“
Veranstaltungsort: Senatssaal der BTU Cottbus, Hauptgebäude Zentralcampus
Innerhalb kürzester Zeit hat sich die Debatte um die Zukunft der Lausitz und insbesondere die Braunkohle grundlegend verändert. Standen sich unlängst zwei Sichtweisen kontrovers und scheinbar unversöhnlich gegenüber, so hat sich nun die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Braunkohletagebau seinem Ende zugeht. Mithin stellt sich nur noch die Frage, in welchem Zeitraum die Einstellung erfolgen soll. Zugleich wendet sich die öffentliche Strukturdebatte auch der Frage „Was kommt nach der Braunkohle?“ zu.
Dabei werden die Versäumnisse und die Folgen der bisherigen Debatte deutlich. Es fehlen zum einen schlüssige Konzepte und zum anderen wirkt die aus der heftigen Kontroverse resultierende Spaltung in vielfältiger Weise nach. Die Debatten verlaufen weiter, relativ unabhängig voneinander, in fragmentierten und isolierten Netzwerken; das Misstrauen zwischen den bisher konkurrierenden Gruppen besteht nach wie vor und selbst ein gemeinsames positives Verständnis dessen, was die Lausitz als Region jenseits der Braunkohle und angesichts differenzierender sozioökonomischer Bedingungen und institutionell-administrativer Grenzen eigentlich verbinden soll, scheint kaum erkennbar.
Das Schicksal der sorbischen/wendischen Minderheit ist eng mit der Lausitz verbunden. Aus diesem Grunde sollte man annehmen, dass Sorben/Wenden und ihre Institutionen sich in der Debatte um die Transformation in besonderer Weise engagieren. Es wäre zu vermuten, dass die sorbische/wendische Kultur für ihre Angehörigen eine Bindung an die Region darstellt, die sie veranlasst, an Stelle einer Exit-Option – den Weg aus der Region hinaus – häufiger die Voice-Option – das Engagement für und Investition in die Region – zu wählen.
Für Sorben/Wenden, deren Gemeinschaften, Sprache und Kultur durch den Braunkohletagebau in ihrem angestammten Siedlungsgebiet durch Umsiedlungen und Zuwanderungen massiv in Mitleidenschaft gezogen wurden, können sich Chancen und Spielräume für eine Revitalisierung der Minderheitenkultur ergeben. Die sorbische/wendische Kultur stellt somit ein Repertoire dar, das als gemeinsame Ressource für lokale und regionale Entwicklungsstrategien genutzt werden könnte. Vor dem Hintergrund eines wachsenden Interesses der regionalen Wirtschaftsförderung für die ökonomische Relevanz einer Kreativ- und Kulturwirtschaft stellt sich die Frage, welche Spielräume bestehen, dieses kulturelle Repertoire nachhaltig wirtschaftlich zu nutzen und zugleich die Minderheitenkultur zu stärken.
Über die eigenen Interessen der sorbischen/wendischen Minderheit hinaus, ist die sorbische/wendische Kultur ein wesentlicher Teil einer gemeinsamen regionalen Identität. Als alleiniger Träger einer regionalen Identität ist sie aber sicher nicht ausreichend und auch ihr Geltungsanspruch ist umstritten. Es ist mithin zu fragen, welchen Beitrag das Sorbische/Wendische für die Herausbildung einer gemeinsamen, bi-kulturellen regionalen Identität bieten kann.
In den Blick genommen werden auf der Tagung insbesondere aktuelle Tendenzen in der Transformationsdebatte sowie konzeptionelle Überlegungen und praktische Ansätze, in denen die Bewahrung der sorbischen/wendischen Kultur und die Mobilisierung der kulturellen Potentiale für die regionale Entwicklung in kreativer Weise miteinander verbunden werden.