Psycholinguistische Grundlagen der Mehrsprachigkeit: Die Transformation von Mythen zur Befähigung
Veranstaltungsort: Haus der Sorben, Postplatz 2, 02625 Bautzen
Eine Veranstaltung im Rahmen der öffentlichen Vortragsreihe des Sorbischen Instituts.
Ein Livestream wird auf Youtube angeboten.
Im zentraleuropäischen Sprach- und Kulturraum koexistieren seit Jahrhunderten unterschiedliche Sprechergruppen und Sprachen nebeneinander. Grundsätzlich gibt es in solchen Konstellationen eine Mehrheit (durch die auch die Amtssprache bestimmt wird) und eine, beziehungsweise mehrere Minderheiten. Im neueren sprachwissenschaftlichen Diskurs ist hier die Rede eher von Herkunftssprachen (Herkunftssprecher:innen) und nicht mehr von Minderheiten. Das Verhältnis zwischen der Mehrheit (der Norm) und der Minderheit gilt seit Jahrzehnten als angespannt. Für die Minderheit können sich diese Spannungen als handlungstreibend erweisen, sie sind aber auch belastend oder sogar bedrohend. Mit Bezug auf diese Ausgangspunkte im Hintergrund geht Prof. Dr. Barbara Mertins näher auf die psycholinguistischen Mechanismen ein und erklärt wie Sprachverarbeitung bei Bilingualen/Multilingualen funktioniert. Der Fokus liegt auf dem Abruf von Wissen aus dem sogenannten mentalen Lexikon und auf dem Sprachwechsel. Die Referentin zieht empirisch-experimentelle Daten heran, die belegen, dass Mehrsprachigkeit weder ein kognitiver Ausnahmezustand noch eine Überforderung bedeutet. Kritisch wird die Psycholinguistin Barbara Mertins die bestehenden, auf monolingualen Standards basierten sprachlichen Normen diskutieren und neue Zugänge und Perspektiven auf Mehrsprachigkeit vorstellen.
Referentin: Prof. Dr. Barbara Mertins, Professorin für Psycholinguistik, Leiterin der psycholinguistics laboratories TU Dortmund, Institut für Diversitätsstudien
Barbara Mertins ist Professorin für Linguistik des Deutschen mit dem Schwerpunkt empirische und experimentelle Linguistik – Psycholinguistik am Institut für Diversitätsstudien an der TU Dortmund. Die gebürtige Tschechin hat an den Universitäten Prag, Freiburg in Breisgau, Basel und Strasbourg studiert und im Jahr 2004 am Max-Planck-Institut für Psycholinguistik in Nijmegen promoviert. Im Dezember 2012 habilitierte sie zum Thema Sprache und Kognition an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg. Für ihre Arbeiten wurde sie mit mehreren Preisen und Stipendien ausgezeichnet.
Jüngste Veröffentlichungen:
- 2022 – Mertins, B. & Ronan, P. (Hgg.): ankommen//angekommen. In vororten: Räume kultureller Teilhabe herausgegeben von Kreutchen, Ch. & Welzel, B. Dortmund: Athena Verlag.
- 2021 – Stadler, M., Doebler, P., Mertins, B. & Delucchi Danhier, R.: Statistical modeling of dynamic eye-tracking experiments: Relative importance of visual stimulus elements for gaze behavior in the multi-group case. In: Behavior Research methods.
- 2021 – Dröse, J., Prediger, S., Neugebauer, P., Delucchi, R., & Mertins, B.: Investigating Students’ Processes of Noticing and Interpreting Syntactic Language Features in Word Problem Solving through Eye-Tracking. In International Electronic Journal of Mathematics Education, 16(1).
- 2020 – Mertins, H., Delucchi Danhier, R., Mertins, B., Schulz, A., Schulz, B.: The Role of Expertise in the Perception of Architectural Space. In Leopold, C., Robeller, C., Weber, U. (Hrsg.) Research Culture in Architecture. Basel: Birkhäuser. 279-288.
- 2019 – Vanek, N. & Mertins, B.: V. Defying chronology: : Crosslinguistic variation in reverse order reports. In Linguistics, S. 1-35.
- 2018 – Mertins, B. Sprache und Kognition. Ereigniskonzeptualisierung im Deutschen und Tschechischen. Berlin/Boston: De Gruyter.
Weitere Informationen zur Vita und zu aktuellen Forschungsthemen, vgl. Profilseite von Prof. Barbara Mertins auf der Homepage der TU Dortmund.