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Westfriesland, Leeuwarden (April 2024)

Vom 08.04. bis 12.04.2024 unternahm die Abteilung Regionalentwicklung und Minderheitenschutz eine Exkursion in die niederländische Provinz Fryslân (Westfriesland) und den dortigen Verwaltungssitz Leeuwarden mit dem Ziel, die dort lebende friesische Minderheit kennenzulernen und zu erfahren, welche Maßnahmen und Initiativen es zu ihrem Schutz gibt und wie diese wirken.

Die erste Vor-Ort-Station am Dienstag war die Allgemeine Friesische Bildungskommission „Afûk“. Sie vereint unter ihrem Dach Sprachmarketing, Verlagswesen und die Spracherwerbsplanung für das Westfriesische. Hier wurde deutlich, wie wichtig es ist, kontinuierlich in Form von Kampagnen und Aktionstagen für die Sprache zu werben und dabei mit lokalen Expert:innen zusammenzuarbeiten. Dozierende der Berufsschule „Firda“ und der Fachhochschule „NHL Stenden“ erklärten anschließend ihre Ansätze zur Einbindung von Friesisch im Besonderen sowie Mehrsprachigkeit im Allgemeinen in ihre Curricula.

Am Mittwoch folgte der Besuch der außeruniversitären Forschungseinrichtung „Fryske Akademy“ inklusive dem angegliederten „Mercator Research Centre on Multilingualism and Language Learning“. Die Mitarbeiter:innen der Abteilung Regionalentwicklung und Minderheitenschutz tauschten sich mit den Gastgeber:innen über gemeinsame Forschungsschwerpunkte im Bereich der Minderheitenforschung aus, die sowohl das Friesische als auch das Sorbische betreffen.

Um den Einblick in die politischen Zusammenhänge ging es bei dem anschließenden Besuch in der Provinzverwaltung, in der ein achtköpfiges Team an sprachpolitischen Fragen arbeitet und insbesondere über den Prozess der Aushandlung des neuen Finanzierungsabkommens von 2024 bis 2028 berichtete. Ein Faktor, der die Umsetzung friesischer Interessen dabei begünstigt, sind starke politische Organisationen und Parteien, die sich auf regionaler und Bundesebene für minderheitenspezifische Belange einsetzen.

Was die Westfries:innen maßgeblich von den Sorb:innen unterscheidet, ist zum einen die Zahl derer, die die Sprache sprechen (man geht von etwa einer halben Million Friesischsprechenden aus), und zum anderen auch ihre stärkere Identifikation über die Sprache und die Provinz. Wer Friesisch spricht und/oder in Fryslân lebt, gilt als zugehörig zu den Fries:innen. Darüber hinaus erleichtert die linguistische Nähe zwischen Friesisch und Niederländisch die Verständigung untereinander. Für Niederländisch-Sprechende ist es durchaus möglich, Friesisch in Teilen zu verstehen. Der starke Fokus auf die Sprache wurde insbesondere in der Gemeinde Waadhoeke deutlich, die mit einem eigenen Mehrsprachigkeitskoordinator und sprachpolitischem Konzept aufwartet. Er berichtete von den weiteren lokalen Sprachvarietäten wie Bildts und Stadtfriesisch.

Der Besuch der UNESCO-Welterbestätte „Koninklijk Eise Eisinga Planetarium“ in Franeker sowie des Fries-Museums in Ljouwert gewährte darüber hinaus Einblicke in die Aufbereitung des kulturellen Erbes Frieslands. Hier scheinen regionale kulturelle Praktiken einen weitaus niedrigeren Stellenwert als in der Niederlausitz zu haben.

Eine Gesprächsrunde mit Vertreter:innen der besuchten und weiterer Institutionen schloss die Exkursion der Abteilung Regionalentwicklung und Minderheitenschutz nach Westfriesland ab.

Es gelang, ein umfassendes Bild von der westfriesischen Minderheit zu erhalten und trotz aller Unterschiede gemeinsame Problemstellungen zu identifizieren, an denen sich eine (weitere) Zusammenarbeit lohnen wird.

Ein großer Dank gebührt Mirjam Vellinga von der Allgemeinen Friesischen Bildungskommission „Afûk“, die über mehrere Monate hinweg das Programm für die gesamte Exkursion zusammenstellte und es ermöglichte, mit einer Vielzahl wichtiger Akteure ins Gespräch zu kommen.

Projektleitung: Lutz Laschewski
Projektbeteiligte: Jean-Rémi Carbonneau (bis 05/2024), Fabian Jacobs, Jenny Hagemann, Hannah Wellpott, Sophie Rädel, Julia Běrink