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Bautzen/Budyšin - 01.09.2022

Podiumsdiskussion: Welche Erinnerung an den „Eisernen Kanzler“ braucht Bautzen?

Etwa 45 Zuhörer:innen kamen am 16. Mai ins Bildungsgut Schmochtitz Sankt Benno, um die Podiumsdiskussion zwischen Alexander Ahrens, damals Oberbürgermeister der Kreisstadt Bautzen, Dr. Friedrich Pollack, Historiker und Abteilungsleiter Kulturwissenschaften am Sorbischen Institut und Dr. Justus H. Ulbricht, Historiker und Geschäftsführer des Dresdner Vereins Denkmal Fort! e.V. – Die Erinnerungswerkstatt Dresden zu verfolgen. Es moderierte die Journalistin Miriam Schönbach aus Bautzen. Der Abend war eine gemeinsame Veranstaltung des Vereins Denk Mal Fort! und des Bildungsguts Schmochtitz Sankt Benno.

Auf dem Podium trafen die unterschiedlichen, teils konträren Auffassungen zum Bismarck-Denkmal auf dem Czorneboh erstmals öffentlich aufeinander. Nach Pollacks Worten sei diese Diskussion dringend nötig und hätte schon vor der Entscheidung im Hauptausschuss der Stadt Bautzen im Oktober 2021 geführt werden müssen. Bereits damals hätte es eine öffentliche Debatte gemeinsam mit der Zivilgesellschaft geben sollen. Neben den bekannten Standpunkten für und gegen das Bismarck-Denkmal bereicherte Dr. Justus H. Ulbricht von Denk Mal Fort! die Debatte mit Argumenten und Thesen aus der Außenperspektive. Gemeinsam loteten die drei Podiumsgäste unterschiedliche Facetten des aktuellen Bismarck-Bildes in der Gesellschaft aus. Moderatorin Miriam Schönbach stellte auch provokante Fragen wie: „Welche Erinnerung Bautzen überhaupt braucht?“ oder „An wen erinnern, wenn nicht an Bismarck?“ Justus Ulbricht bekräftigte seinen Standpunkt, dass in der Debatte eher die Epoche Bismarcks betrachtet werden solle, und nicht nur der Mythos Bismarck. Die Diskussion widmete sich auch der Frage nach der richtigen Erinnerungskultur und wie diese heute aussehen könnte. Die Beiträge aus dem Publikum waren sehr kontrovers. Ob das vorgeschlagene und schließlich abgelehnte Denkmal eine zeitgemäße Auseinandersetzung mit der ambivalenten Persönlichkeit Bismarck befördern würde, daran zweifelten auf dem Podium alle bis auf Ahrens, der den Standpunkt vertrat, dass es keine Tabus geben dürfe.

Hintergrund

Im vergangenen Herbst kam Bautzen deutschlandweit auf die Titelseiten und in die Tagesthemen mit der Nachricht, dass das 1950 im Stadtwald auf dem Czorneboh zerstörte Bismarck-Denkmal neu errichtet werden sollte. Die Initiative für das Denkmal ging vom AfD-nahen Verein Bautzener Liedertafel e.V. und wurde schnell von der Kommunalpolitik aufgegriffen. Nachdem im Oktober 2021 der Hauptausschuss dem Wiederaufbau des Denkmals zugestimmt hatte, revidierte der Stadtrat die Entscheidung am 24. November 2021 schließlich mit knapper Mehrheit.

Der damalige Oberbürgermeister Alexander Ahrens hatte zuvor stark für das Denkmal geworben. Kritik kam damals vor allem vom Sorbischen Institut in Bautzen, welches nach Bekanntwerden der Entscheidung des Hauptausschusses einen offenen Brief (11. Oktober 2021) verfasste, den zahlreiche Menschen unterstützten. Zusätzlich sammelten Gegner in einer Online-Petition Unterschriften gegen das geplante Bismarck-Denkmal.