Cottbus/Chóśebuz - 14.02.2023

„A serbski?“ – Sorbisches Institut erforscht die Sprachlandschaft Niederlausitz

A serbski? [Und auf Sorbisch?] – so lautet die etwas provokant klingende Frage auf den roten Aufklebern, die nun schon seit einer Weile an vielen Stellen in Cottbus zu sehen sind, meistens auf Schildern und Plakaten mit einsprachiger deutscher Aufschrift. Wie schon mit der Aktion A serbsce? in der Oberlausitz fordern hier Sprachaktivisten eine größere öffentliche Sichtbarkeit der Minderheitensprache. Daraus geht klar hervor, dass es den Leuten nicht egal ist, ob und wo das Sorbische auftaucht – und wo nicht.

Nicht nur Aktivisten, sondern auch Sprachwissenschaftler des Sorbischen Instituts befassen sich mit der öffentlichen Sichtbarkeit der sorbischen Sprache, und das im Rahmen des neuen, umfangreichen Projektes Digitales Portal zu sorbischen und Lausitzer Sprach- und Kulturlandschaften, das seit Juli 2022 läuft und auf knapp zehn Jahre angelegt ist. Es wird gefördert von der Stiftung für das sorbische Volk aus Mitteln des Bundesministeriums des Inneren und für Heimat. In einem Teilprojekt geht es unter anderem um Fragen der „Sprachlandschaft“ Niederlausitz: Wo ist das Sorbische im öffentlichen Raum zu sehen? Nur auf offiziellen Schildern und Wegweisern im sorbischen Siedlungsgebiet oder auch an anderen Stellen, z.B. auf Denkmälern, Werbeplakaten oder anderen privaten Aufschriften? Wer steckt hinter solchen Texten? Zeugt der (Nicht)Gebrauch der sorbischen Sprache von deren (fehlender) Vitalität in verschiedenen Regionen des Siedlungsgebietes? Und wie deckt er sich mit den Einstellungen der Leute zur Mehrsprachigkeit?

Um solche Fragen zu beantworten, planen die Wissenschaftler unter anderem eine breit angelegte Fotodokumentation der sorbischen Aufschriften und Befragungen der Bevölkerung, darunter auch verschiedener Akteure und Aktivisten im sprachlichen und kulturellen Bereich.

Diese Arbeit dient nicht allein der Dokumentation des aktuellen Standes der Schriftsprache im öffentlichen Raum, sondern erlaubt auch Erkenntnisse darüber, aus welchen Motiven die Leute das Sorbische in ihre Texte einbeziehen. In diesem Zusammenhang ist darauf zu achten, inwieweit die sorbische Sprache als echtes Kommunikationsmittel eingesetzt wird und inwieweit sie eher eine symbolische Funktion hat. (Beispielsweise symbolisieren Begrüßungsschilder mit dem Satz „Witajśo k nam!“ [Willkommen!] mehr die Verbundenheit mit den Sorben und sorbischen Traditionen, als dass sie wichtige Informationen übermitteln.)

Darüber hinaus können die Erkenntnisse aus dem Teilprojekt für die Sprachplanung von Nutzen sein, zum Beispiel im Hinblick auf Initiativen zur Wiederbelebung der vom Aussterben bedrohten Sprache. Hier steht die Frage im Raum, ob öffentlich sichtbare sorbische Aufschriften einen positiven Effekt auf das Ansehen und die Verwendung der Minderheitensprache haben und wie man beides effektiv fördert. Auf diese Weise tragen die Forschungen des Instituts auch zum Spracherhalt bei.

Das Projekt soll aber auch ein sehr konkretes und praktisches Ergebnis haben: Die Forscher werden ein Internetportal aufbauen, wo das sprachliche und kulturelle Erbe der sorbischen Niederlausitz einem breitem Publikum präsentiert werden soll. (Wie ein solches Portal aussehen könnte, können Sie sich grob vorstellen, wenn Sie auf die schon veröffentlichte Seite http://www2.sorabicon.de/de/sprachlandschaft-schleife/ des Portals Sorabicon gehen. Dort finden Sie Material und Informationen zur Sprachlandschaft des Kirchspiels Schleife. Diese sind das Ergebnis eines ähnlichen, modellhaften Projekts des Sorbischen Instituts, das bereits abgeschlossen ist.)

Weitere Informationen

Das Gesamtvorhaben Digitales Portal zu sorbischen und Lausitzer Sprach- und Kulturlandschaften gehört zu sechs sorbischen Projekten im Land Brandenburg, die vom Bundesförderprogramm „Die sorbische Sprache und Kultur im Prozess des Strukturwandels“. Es ist das zweite Projekt am Institut aus diesem Fördertopf, neben dem Aufbau einer neuen Abteilung für Regionalentwicklung und Minderheitenschutz. Das Projekt soll bis 2031 mit jährlich 550.000 Euro gefördert werden.

Autor des Beitrags: Simon Blum, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Sorbischen Instituts