Historische Handschriften: Nachlass von Christian und Gotthold Schwela digital zugänglich und beschrieben
Mit dem digitalisierten Nachlass von Christian und Gotthold Schwela / Kito und Bogumił Šwjela ist nun ein bedeutender Bestand des sorbischen Kulturerbes online zugänglich, im sorabistischen Wissensportal des Sorbischen Instituts SORABICON ebenso wie im überregionalen Kalliope-Verbund für Nachlässe und Autographen. Die Präsentation aller Dokumente mit Bild, Metadaten und zusätzlichen Informationen ist das Ergebnis eines kürzlich abgeschlossenen Digitalisierungsprojekts am Sorbischen Kulturarchiv, gefördert durch die DFG.
Die Präsentation im SORABICON enthält den kompletten Nachlass des Lehrers Christian Schwela / Kito Šwjela (1836-1922) und seines Sohnes Gotthold Schwela / Bogumił Šwjela (1873-1948) aus Beständen des Sorbischen Kulturarchivs mit Metadaten und Bild. Im Portal werden eine Einleitung und Hintergrundinformationen (biografische Daten, Nachlassgeschichte) sowie Register (Korrespondenzpartner, Signaturen) geboten. Einzelne Ordner des Nachlasses sind ebenfalls beschrieben. Interessierte können im digitalisierten Nachlass komfortabel durch die Ordner blättern. Neben der Präsentation im Wissensportal SORABICON ist der Nachlass im Kalliope-Verbund enthalten – dem überregionalen Verbund und zugleich nationalen Nachweisinstrument für Nachlässe, Autographen und Verlagsarchive im deutschsprachigen Raum. Auch eine Präsentation in der Deutschen Digitalen Bibliothek ist vorgesehen.
Der Nachlass enthält zumeist handschriftliche Dokumentensammlungen zur staatlichen und kirchlichen Politik gegenüber den Sorben, zur Selbstorganisation sorbischen Kulturlebens, sprachhistorische Sammlungen zu Flurnamen, Familien- und Ortsnamen, Grammatik, eine Wörterbuchsammlung sowie eine ethnologisch-sprachliche Sammlung zu allen Facetten der niedersorbischen Volkskultur. Die Digitalisierung und Erschließung dient einerseits der Dokumentation der akut gefährdeten niedersorbischen Sprache und baut andererseits die sprachliche Barriere für die Benutzung des Materials durch nicht-sprachkundige kulturwissenschaftlich orientierte Forschende oder für die historische Minderheitenforschung in Deutschland ab.
„Ein Novum ist, dass der Nachlass von Christian und Gotthold Schwela – unabhängig vom Besuch des Sorbischen Kulturarchivs, rund um die Uhr – digital zugänglich und nutzbar ist. Die Inhalte der Akten sind detailliert beschrieben und Teilbestände aus dem Archiv sind im Modul visuell zusammengeführt. – Selbstverständlich, die historische Handschrift muss der Nutzer lesen können“, so Archivarin und Projektleiterin Dr. Annett Bresan. Darüber hinaus stellt sie derzeit auch die Edition der Tagebücher von Gotthold Schwela mit Titel “Aus dem Alltag eines sorbischen Pfarrers” vor, erschienen in der Schriftenreihe des Sorbischen Instituts (SPISY 70) vor (am 13.7. in Cottbus, 15.7. in Nochten).
Vergangene Woche (7.7.22) erhielt die Projektleiterin ein Schreiben der DFG mit Auszügen aus den Gutachten zum Projektabschluss: positiv wurde hervorgehoben, wie das Sorbische Institut geschickt die vorhandene interne und externe Forschungsinfrastruktur nutzt. Durch die Digitalisierung vor Ort in Bautzen (siehe RBB Lausitz Beitrag von 19.03.22) konnte das inhomogene Material des Bestandes gut bearbeitet werden. Die virtuelle Neuordnung der Einheiten – ohne Änderung der Struktur des physischen Materials – wird gelobt, ebenso das Einsetzen von standardisierten Normdaten.
„Endlich sind die durchaus interessanten und spannenden Predigten von Gotthold Schwela zugänglich. Die Texte lagen über 70 Jahre unberührt in seinem Nachlass und dann im Archiv. Für Historiker interessant sind sicherlich die Predigten aus den Jahren zwischen 1942 und 1945, die einen Einblick in das Denken eines evangelischen Geistlichen in der Zeit des Nationalsozialismus bieten“, teilte Projektmitarbeiter Dr. Pětš Jahn-Brězan bei der Vorstellung des Projekts zum Archivtag am 6. März 2022 im Sorbischen Institut mit.
Das von der DFG finanzierte Projekt mit dem Titel „Archivische Findmittel und Quellen: Digitalisierung und Tiefenschließung des Nachlasses Gotthold Schwela“ wurde im Sorbischen Institut von Oktober 2020 bis April 2022 unter Leitung von Dr. Annett Bresan bearbeitet, mit Unterstützung zweier Projektmitarbeiter. Die Abschlussarbeiten für die Präsentation im SORABICON wurden kürzlich beendet.
Verweise und weitere Informationen:
- Modul in SORABICON
- Projektbeschreibung auf SI-Homepage
- Vorstellung der kürzlich erschienenen Publikation der Tagebücher von Bogumił Šwjela (SPISY 70) (13.7. in Cottbus, 15. Juli in Nochten)
- Bresan, Annett (Herausgeberin): Aus dem Alltag eines wendischen Pfarrers. Tagebücher von Bogumił Šwjela / Gotthold Schwela 1897-1945 (SPISY 70). Bautzen: Domowina-Verlag GmbH, 2022.
Hintergrund:
Von 1861 bis 1941 waren Vater und Sohn, Christian und Gotthold Schwela / Kito und Bogumił Šwjela / die herausragenden Förderer und Bewahrer der preußisch geprägten Kultur der Wenden um Cottbus und im Spreewald. Als Volksschullehrer bzw. Landpfarrer gehörten sie zur typischen Bildungsschicht einer überwiegend bäuerlichen, westslawischen Bevölkerungsgruppe in der Niederlausitz.