Bautzen/Budyšin - 14.06.2024

Kultursoziologe erforscht sorbischen Fußball – Feldforschung startet mit der 5. Minderheiten-EM „Europeada“ in Schleswig-Holstein und Dänemark

Heute (14.6.) wird die Fußball-Europameisterschaft 2024 in München eröffnet. Parallel dazu findet die 5. Fußball-EM der europäischen Minderheiten statt – kurz Europeada (28.6.-7.7.). Ausgetragen wird sie im deutsch-dänisch-friesischen Grenzgebiet, einer Region mit vier Minderheiten: den Sinti und Roma, den Friesen, der deutschen Minderheit in Dänemark sowie der dänischen Minderheit in Deutschland. Gemeinsam mit der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) organisieren die Minderheiten das Sportevent.

Es ist kein Zufall, dass Soziologe Dr. Kristian Naglo seine wissenschaftliche Tätigkeit am Sorbischen Institut (SI) mit einem Besuch und Feldforschung im Norden Deutschlands beginnt. Fast zeitgleich zum Europeada-Anpfiff beginnt sein Forschungsprojekt am SI mit dem Arbeitstitel: „Sorbischer Fußball“: Aushandlung kultureller Diversität in sozialen Freizeitwelten im lokalen, nationalen und europäischen Kontext. Das Projekt wird vom Juni 2024 bis Ende 2025 vom Freistaat Sachsen gefördert.

Ausgehend vom Beispiel des organisierten Fußballs bei den Sorben fragt Kristian Naglo nach der Bedeutung sozialer Freizeitwelten für Sprachen und kulturelle Identitäten ethnischer Minderheiten. Seine Erkenntnisse will er zudem mit anderen Minderheiten in Europa vergleichen und einordnen. Konkret bezieht sich seine Analyse zum einen auf die soziale Welt des lokalen Vereins SG Crostwitz/SJ Chrósćicy. Zum anderen betrachtet er die gesamtsorbische Fußball-Auswahl der Männer und Frauen (Serbske Mustwo), die die Sorben/Wenden bei der 5. Europeada jeweils vertreten.

Außerdem betrachtet er die Europeada als großes Sportevent an sich. In dem Projekt geht es beispielsweise um verschiedene Rollen und Funktionen des Sorbischen sowie die Frage nach einer ‚gelebten Zweisprachigkeit‘ in Freizeitwelten. Das Projekt beschäftigt sich außerdem mit der Frage, wie die verschiedenen Teile der sozialen Fußballwelt interagieren oder sich überlappen (z.B. Fußball als Kernaktivität vs. sorbische Kultur vs. Jugendkultur). Die Ergebnisse der Studie bilden die Grundlage für die Erarbeitung eines umfassenden Forschungsprojekts zur vergleichenden Ethnografie sorbischer Freizeitwelten.

Kristian Naglo lehrte und forschte an den Universitäten Gießen und Marburg, an der University of Lancaster (UK), an der Deutschen Sporthochschule Köln, und zuletzt an der Katholischen Hochschule Mainz.

  • Weiterlesen: ein Interview mit Dr. Kristian Naglo, der im vergangenen Jahr einige Monate als Gastwissenschaftler am SI recherchierte und forschte. Insbesondere in seinen letzten Antworten beschreibt er seine Forschungsschwerpunkte.